Heimvertrag
Ein Heimvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Heimträger und einem volljährigen Heimbewohner, in dem sich der Heimträger verpflichtet, dem Heimbewohner Wohnraum zu überlassen und Pflege- oder Betreuungsleistungen zu erbringen. Die im Heimvertrag vereinbarten Pflege- oder Betreuungsleistungen dienen der Bewältigung eines Hilfebedarfs aufgrund von Alter, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit.
1. Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)
Das am 1. Oktober 2009 in Kraft getretene WBVG ist ein Verbraucherschutzgesetz, das rechtliche Regelungen zu Heimverträgen enthält. Betreuungs- und pflegebedürftige Personen sollen vor Benachteiligungen geschützt und in einer möglichst selbstbestimmten Lebensführung unterstützt werden. Das WBVG stellt besonders hohe Ansprüche an die Inhalte eines Heimvertrags. Regelungen eines Heimvertrags, die von den Bestimmungen des WBVG zum Nachteil des Heimbewohners abweichen, sind rechtlich unwirksam. Die Bestimmungen des WBVG gelten seit Mai 2010 auch für Heimverträge, die vor Oktober 2009 abgeschlossen wurden.
Anwendbar ist das WBVG sowohl auf Heimverträge mit herkömmlichen Pflegeeinrichtungen, als auch auf neue Wohnformen wie z. B. das betreute Wohnen. Entscheidend ist, dass sich ein Unternehmer zur Erbringung von Betreuungs- und Pflegeleistungen verpflichtet.
2. Die Anforderungen an einen Heimvertrag
Zu den Mindestinhalten eines Heimvertrags gehören gemäß § 6 Absatz 3 WBVG die Beschreibung der Heimträger-Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang sowie die Entgelte für die einzelnen Heimträger-Leistungen:
- die Überlassung von Wohnraum
- Betreuungs- und Pflegeleistungen
- ggf. Verpflegungskosten als Bestandteil der Betreuungsleistung
- Leistungen, die nach den Vorschriften der Pflegeversicherung als Investitionskosten gesondert abgerechnet werden dürfen
- Außerdem ist das Gesamtentgelt auszuweisen.
Zu den Mindestinhalten des Vertrags zählen ferner die „vorvertraglichen Informationen“, die der Heimträger einem künftigen Heimbewohner übermitteln muss (§ 3 WBVG). Möchte der Heimträger bei Vertragsabschluss von den vorvertraglichen Informationen abweichen, so muss er im Heimvertrag ausdrücklich darauf hinweisen.
Heimverträge bedürfen der Schriftform. Der Gesetzgeber hat einen Vertragsabschluss in elektronischer Form ausdrücklich ausgeschlossen (§ 6 Absatz 1 WBVG).
Heimverträge werden grundsätzlich unbefristet abgeschlossen. Befristungen von Heimverträgen sind nur dann zulässig, wenn sie den Interessen des Heimbewohners nicht widersprechen (§ 4 Absatz 1 WBVG).
Die Befristung eines Heimvertrags liegt beispielsweise dann im Interesse des Heimbewohners, wenn
- zwischen dem Auszug aus seiner Wohnung und dem möglichen Einzug in eine gewünschte Betreuungseinrichtung ein begrenzter Zeitraum überbrückt werden muss
- die eigene Wohnung aufgrund von behindertengerechten Umbaumaßnahmen für eine bestimmte Zeit nicht genutzt werden kann
Ein Heimvertrag kann unabhängig davon abgeschlossen werden, ob Betreuung oder Pflege sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sind.
3. Vorvertragliche Informationspflichten des Heimträgers
„Rechtzeitig“ vor Vertragsabschluss muss der Unternehmer den künftigen Heimbewohner „in Textform und in leicht verständlicher Sprache“ über das Leistungsangebot informieren (§ 3 Absatz 1 WBVG).
Allgemeine Informationen
Zu den erforderlichen allgemeinen Informationen gehören Angaben über
- Lage und Ausstattung des Wohngebäudes und der für eine gemeinschaftliche Nutzung bereitstehenden Einrichtungen und Anlagen
- Art, Inhalt und Umfang der im Angebot enthaltenen Leistungen
- die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). § 115 Absatz 1a des XI. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) schreibt vor, dass die Art und die Qualität der von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen veröffentlicht werden müssen
Informationen zu den individuellen Leistungen an den Heimbewohner
Der Heimbewohner ist auch über die ihm individuell angebotenen Leistungen zu informieren. Dazu gehören Auskünfte über
- den ihm zur Verfügung gestellten Wohnraum
- Art, Inhalt und Umfang von Betreuungs- und Pflegeleistungen sowie weiterer Leistungen
- das den Betreuungs- und Pflegeleistungen zugrunde liegende Leistungskonzept
- die Höhe des Entgelts für die einzelnen Leistungen sowie des Gesamtentgelts
- die Voraussetzungen künftiger Entgelt- und Leistungsveränderungen.
Verletzung der vorvertraglichen Informationspflichten
Der Heimträger verletzt seine vorvertragliche Informationspflichten, wenn
- er dem künftigen Heimbewohner die Informationen nicht rechtzeitig vor Vertragsabschluss oder nicht vollständig in Textform aushändigt
- die formalen Anforderungen an die Informationen (z. B. leichte Verständlichkeit) nicht erfüllt sind. Verletzt der Heimträger seine Informationspflichten, dann kann der Heimbewohner den Heimvertrag jederzeit schriftlich kündigen
Der Heimträger darf seinen Informationspflichten ausnahmsweise nach Vertragsabschluss nachkommen, wenn der Heimbewohner kurzfristig in eine Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung aufgenommen werden musste. In diesem Fall ist der Heimbewohner berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Informationsaushändigung fristlos zu kündigen.
4. Das Verfahren beim Abschluss eines Heimvertrages
- Zunächst händigt der Heimträger dem künftigen Heimbewohner die vorvertraglichen Informationen aus.
- Anschließend erstellt der Heimträger einen schriftlichen Vertrag, der von beiden Vertragsparteien eigenhändig unterschrieben wird. Der Heimbewohner erhält eine Vertragsausfertigung.
- Wenn der Heimbewohner den Heimvertrag vor seinem Einzug in die Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung nicht unterschreiben konnte, so muss die fehlende Unterschrift schnellstmöglich nachgeholt werden.
- Möglich ist aber auch die nachträgliche Genehmigung des Heimvertrags durch einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten des Heimbewohners.
5. Vermindertes Entgelt bei vorübergehender Abwesenheit
Bei vorübergehender Abwesenheit ist der Heimbewohner nicht zur Zahlung des vollen Entgelts verpflichtet.
- Wegen einer Abwesenheit ersparte Aufwendungen muss sich der Heimbetreiber ab dem vierten vollen Abwesenheitstag anrechnen lassen.
- Für gesetzlich Pflegeversicherte gilt eine Mindestreduzierung der Pflegevergütung von 25 Prozent. Die exakten Werte werden zwischen den einzelnen Bundesländern und den Heimträgern vereinbart.
- Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Privatzahler pauschale Reduzierungen vertraglich vereinbaren.
6. Wie kann ein Heimvertrag gekündigt werden?
Heimbewohner können ihren Heimvertrag bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Monatsende ordentlich kündigen. Ein außerordentliches Recht zur fristlosen Kündigung steht einem Heimbewohner bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu. Ein wichtiger Grund liegt vor
- wenn die Vertragsfortsetzung für den Heimbewohner unzumutbar wäre
- wenn der Heimträger eine Entgelterhöhung fordert.
Der Heimträger darf nur aus wichtigem Grund kündigen.
- Ein Kündigungsgrund ist gegeben, wenn der Heimbetrieb eingestellt werden soll. In diesem Fall kann der Heimbetreiber bis zum dritten Werktag eines Monats zum Ende des Folgemonats kündigen.
Der Heimbetreiber kündigt spätestens am 3. September zum 30. Oktober.
- Ein Kündigungsgrund liegt z. B. bei groben Pflichtverletzungen seitens des Heimbewohners vor. Der Heimträger darf jederzeit ohne Kündigungsfrist kündigen.
Der Heimbewohner beschädigt vorsätzlich das Eigentum des Heimbetreibers.
- Wenn sich der Hilfebedarf eines Heimbewohners ändert, die vom Heimbetreiber angebotenen Leistungen vom Heimbewohner aber abgelehnt werden und eine fachgerechte Betreuung daher nicht möglich ist, darf der Heimbetreiber fristlos kündigen.
- Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Heimträger bei mindestens zweimonatigem Zahlungsrückstand kündigen, ohne eine Frist einhalten zu müssen.
- Eine Kündigung zur Durchsetzung einer Entgelterhöhung ist unzulässig.